Der Letzte macht die Garage zu
Mit einem Handschlag fing 1994 alles an – heute steigt das Deutsche Rote Kreuz aus dem Krankentransport aus
VON FRANK BERGMANNSHOFF (Hertener Allgemeine)
HERTEN. Selbst bei guten Freunden kommt es vor, dass sie sich zerstreiten. Das passiert im echten Leben – und im Hertener Krankentransport. Vor 18 Jahren half der eine Freund, das Rote Kreuz, dem anderen Freund, der Stadt, aus der Patsche. Auf Jahre des guten Miteinanders folgten jedoch Jahres des zermürbenden Ärgers. Ab morgen geht man getrennte Wege.
Knapp 18 Jahre lang hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) im Hertener Krankentransport und zeitweise auch im Rettungsdienst mitgewirkt und rund 60000 Patienten transportiert. Heute Abend um 18 Uhr geht diese Ära zu Ende. Dann fahren die Rotkreuz-Sanitäter die beiden Krankenwagen in die Garage, ziehen die Zündschlüssel ab, machen das Licht aus. Ab morgen früh transportiert der internationale Falck-Konzern die Kranken. Denn zuletzt hatten sich zwischen DRK, Stadt und Feuerwehr unüberbrückbare Differenzen entwickelt, so dass das Rote Kreuz um die Aufhebung des Vertrages bat. Der Krankentransport wurde ausgeschrieben, Falck gewann.
Dabei waren Stadt, Feuerwehr und Rotes Kreuz mal gute Freunde. Thomas Wiedermann (45), erster hauptberuflicher DRK-Mann im Hertener Krankentransport und später Fahrdienstleiter, erinnert sich: „Es war im September 1994. Das Taxi-Unternehmen Mühlhause konnte die steigenden Anforderungen im Krankentransport nicht mehr erfüllen. Da lud uns der damalige Feuerwehr-Wachleiter Karl-Heinz Breuing an einem Freitag ein und fragte, ob wir ab Montag den Krankentransport übernehmen könnten.”
Gesagt, getan. Thomas Wiedermann und drei ehrenamtliche Sanitäter besetzten fortan täglich von 7 bis 19 Uhr einen Krankenwagen der Feuerwehr und zusätzlich den DRK- eigenen Rettungswagen. Diese per Handschlag vereinbarte Kooperation mündete erst im April 1995 in einen schriftlichen Vertrag.
Es war eine gute Zusammenarbeit, wie Wiedermann berichtet: „Die Feuerwehr hat nachts angerufen und gefragt, ob wir mit unserem Rettungswagen aushelfen können. Und bei Großbränden hat das Rote Kreuz nachts bei Averdung in Langenbochum 150 Würstchen bestellt und die Feuerwehrleute versorgt.” Ob bei Unfällen unter Tage, in den arbeitsreichen Silvesternächten oder auch, wenn ein Rettungswagen der Feuerwehr in die Werkstatt musste – „wir sind immer gerne eingesprungen”, erzählt DRK- Vorstand Ralph Hoffert.
Zukunft des Ehrenamtes offen
Heute also endet die reguläre Mitarbeit im Krankentransport. „Wir gehen erhobenen Hauptes, aber es hat zuletzt einfach keinen Spaß mehr gemacht”, sagt Hoffert. „Andere Bereiche wie Hausnotruf oder Essen auf Rädern führen wir natürlich fort.” Auch Sanitätswachen bei Veranstaltungen übernimmt das DRK weiterhin; dafür bleiben ein Kranken- und ein Rettungswagen an der Gartenstraße stationiert (den zweiten Krankenwagen übernehmen die Kollegen in Marl). Für Großschadensereignisse bleibt das DRK ebenfalls verfügbar – zumindest solange dafür noch Personal zur Verfügung steht. Ralph Hoffert: „Durch die Beteiligung am Krankentransport und Rettungsdienst haben wir immer viele ehrenamtliche Helfer gewinnen können. Wie sich das künftig entwickelt, muss man abwarten.”
Beim Roten Kreuz komme es durch den Ausstieg aus dem Krankentransport nicht zu Entlassungen, sagt Hoffert. Vier Mitarbeiter hätten neue Stellen in der Region gefunden, einer sei durch eigenes Zutun noch unversorgt, der Rest werde in anderen DRK- Bereichen eingesetzt.
60.000 Patienten – und 150 Zivis
- In den vergangenen knapp 18 Jahren hat das Hertener DRK nach eigenen Angaben rund
60 000 Patienten versorgt und transportiert. In dieser Zeit habe es nur vier schriftliche Beschwerden gegeben, so DRK-Vorstand Ralph Hoffert. - Die ersten Zivildienstleistenden kamen am 1. Mai. 1995 Insgesamt haben beim Hertener DRK rund 150 junge Männer ihren Zivildienst geleistet. Viele wurden später Ärzte.
- Nach dem Ausstieg aus dem Krankentransport beschäftigt das Hertener DRK noch 14 hauptamtliche Mitarbeiter, außerdem 17 Aushilfen (Teilzeitkräfte, 400-Euro-J ob- ber) und knapp 25 Ehrenamtliche, darunter sechs Notärzte.
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Gesamtdokument 1200 Seiten
2016-05-08
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